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Pfarrerin Barbara WeichertWort zum Sonntag,
09.07.2023

 

Der rettende Ruf

Was war das? „Achtung! Auto!“ Die junge Frau stoppt abrupt am Straßenrand. Ganz vertieft ins Chatten ging sie ohne Blick für die Umgebung geradeaus, nahm die Nebenstraße gar nicht wahr, wäre beinahe bei Rot über die Straße gelaufen und von einem PKW erfasst worden. Mit klopfendem Herzen steht sie jetzt da, schaut sich um, sieht den Teenager, der ihr kurz zuwinkt, dann seinen Weg fortsetzt. Er war es wohl, der den rettenden Ruf ertönen ließ. So ein Glück! Das hätte schlimm ausgehen können!

In so einer Situation sind die meisten Menschen erst mal zutiefst erschrocken, dann dankbar. Und nach einer Weile staunen sie, dass es so gut ausgegangen ist. Manchmal feiern sie dann sogar einen zweiten Geburtstag… Hätte ja auch ganz anders kommen können.

Mit dem Ruf des Club of Rome war das nicht so. 1972 erschien der Bericht der gemeinnützigen Organisation hochrangiger Experten mit dem Titel „Grenzen des Wachstums“. Ein Ruf, der die Zukunft der Menschheit retten wollte mit dem Hinweis: die Ressourcen der Erde sind endlich und wir Menschen müssen damit nachhaltig umgehen.

Auch dieser Ruf hat viele Menschen kurz gestoppt und tief erschrecken lassen. Aber anders als das vor der Nase vorbeizischende Auto erschien die Gefährdung hier nicht ganz so akut. Man sah noch nicht viel, konnte nur manches hochrechnen – und wer mag schon Mathe und Statistiken?

Inzwischen sehen wir ziemlich oft ziemlich klar die Folgen davon, dass wir hochindustriellen Länder schon sehr lange über unsere Verhältnisse leben, mehr verbrauchen, ja verschwenden, als wir der Natur zurückgeben. Die Natur sehen wir meist als Gegenüber– und nicht uns als Teil von ihr. Alles läuft so weiter, in festen Bahnen, von Jahr zu Jahr schneller. Und anders als der Gang eines einzelnen Menschen ist die eingefahrene Lebensweise von Millionen nicht so schnell zu stoppen. Dankbarkeit für den rechtzeitigen rettenden Ruf gibt es kaum. Stattdessen endlose Debatten über die Konsequen-zen aus den Tatsachen. Es scheint, als habe der dem indianischen Häuptling Seattle zugeschriebene Satz Recht, der in den 80ern viele Autos zierte: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann.“

Es gibt noch einen rettenden Ruf. Einen, der über unser irdisches Überleben hinaus reicht - und doch auch die Verhältnisse auf der Erde im Blick hat und zum Guten ändern will. Jesus sagt uns Menschen, wer wir in Wahrheit sind: Nicht Arbeitstiere oder Ellbogen-Menschen auf der Karriere-Leiter, nicht manipulierbare Masse. Jeder einzelne Mensch ist ein wertvolles, geliebtes Wesen, von Gott gewollt und ins Leben gerufen. Wir sind nicht von allen guten Geistern verlassen, wir haben Gottes Spirit an unserer Seite. Der will uns öffnen für Gottes Liebe und uns Jesus als den Bruder zeigen, der die abgerissene Verbindung zu Gott wieder heilen kann. Er ruft uns zu, einander als Gottes Kinder zu lieben, zu unterstützen und zu trösten, damit durch uns und bei uns Gottes Liebe immer wieder neu „Mensch wird“, spürbar und erfahrbar. Jedes Leben zählt bei Gott – in Zeit und Ewigkeit.

Um diesen „rettenden Ruf“ geht es am Sonntag. Hören wir auf ihn? Oder laufen wir einfach weiter?

Pfarrerin Barbara Weichert

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