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Wort zum Sonntag, 19.06.2022

Elke Wallrapp, Pastoralreferentin im pastoralen Raum Hammelburg

Mit dem Herzen hört man besser../Hörendes Herz.../Verleih mir ein hörendes Herz

Wie sieht bei Ihnen ein übliches Frühstück am Samstag morgen aus? Kaffee und Marmeladenbrötchen mit der Familie, die Tageszeitung lesen, nochmals wichtige Ereignisse der vergangenen Woche miteinander Revue passieren lassen, Pläne für den Sonntagsaussflug schmieden? Das gemeinsame am Tisch sitzen mit der Familie, als Paar oder auch in der WG – und das nicht nur am Samstag morgen - ist eine alltägliche Gelegenheit, um sich Zeit füreinander zu nehmen, um zu hören, wie es der Partnerin geht, was den Sohn bewegt, umtreibt, was den Freund gerade glücklich macht oder zur Weißglut bringt. Beim gemeinsamen Essen wird das Leben mit seinen Höhen und Tiefen miteinander geteilt. Die Bereitschaft und Offenheit von sich selbst zu erzählen ist dabei genauso wichtig wie das aufmerksame Zuhören.

„Verleih mir ein hörendes Herz!“ ist das Motto unserer Diözese Würzburg für das Jahr 2022. Das Zitat stammt aus dem ersten Buch der Könige im Alten Testament. Gott erscheint dem jungen König Salomo bei dessen Regierungsantritt im Traum, Gott will ihm einen Wunsch erfüllen. Überraschenderweise wünscht sich Salomo nicht ein langes Leben, den Tod seiner Feinde, Reichtum, nein, er wünscht sich ein hörendes Herz, die Gabe, gut (zu-)hören zu können.

Mir gefällt dieses Bild des hörenden Herzens:

Mit einem hörenden Herzen schenke ich meinem Gegenüber die volle Aufmerksamkeit, ohne mich schon wieder von Handynachrichten ablenken zu lassen. Ich interessiere mich für die Gedanken, Bedürfnisse und Sorgen des Anderen, ich bin neugierig und will verstehen. Mein hörendes Herz ist wohlwollend, respektvoll, verständnisvoll. Das, was ich so höre, bleibt nicht in meinem Verstand hängen, es geht tiefer bis in mein Herz und berührt mich.

Zuhören mit Herz und Verstand ist ein hoher Anspruch: Zuhören braucht Zeit. Zuhören braucht starke Nerven, denn nicht immer bekommen wir das zu hören, was wir auch hören wollen. Zuhören heißt, die eigene Meinung, das eigene Voruteil erst einmal außen vor zu lassen und nicht gleich zu bewerten. Mit dem Herzen zuhören bedeutet, die Kompetenzen und Fähigkeiten des Anderen anzuerkennen und wertzuschätzen. Das hörende Herz hilft dabei, andere Menschen mit ihrer Meinung, Haltung und ihrem Tun verstehen zu können.

Im alltäglichen Leben bieten sich so viele Gelegenheiten, mit dem Herzen zuzuhören:

Wenn der Arbeitskollege in der Kaffeepause von seiner Familie erzählt, wenn beim Einkaufen die Bekannte vorm Kühlregal ihr Herz ausschüttet, wenn der Sohn seinen ersten Liebeskummer hat oder die Partnerin sich Sorgen um ihre älter gewordenen Eltern macht...

Zuhören verändert, und beide Seiten profitieren: Das Hören von anderen Meinungen, Ideen, Ansätzen weitet den eigenen Blick auf die Welt. Der Erzählende fühlt sich ernstgenommen, verstanden und im wahrsten Sinne„gehört“!

Mit einem hörenden Herzen durchs Leben zu gehen ist für mich eine Lebenshaltung, die unser Miteinander als Paar, als Familie, als Gemeinde, als Kirche, als Gesellschaft prägen sollte: Fangen sie doch gleich heute am Frühstückstisch damit an!

Elke Wallrapp, Pastoralreferentin im pastoralen Raum Hammelburg

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