Glosse von Pfarrer Gerd Greier
Für was man alles beten kann!
Die schönsten Geschichten schreibt manchmal einfach das Leben:
Feiertagmorgen Christi Himmelfahrt in Ebenhausen:
„Hochamt“ und anschließend Flurprozession mit allem drum und dran: Kreuz, Fahnen, Blaskapelle, dem Allerheiligsten mit dem Himmel etc. hinaus in Gottes Natur.

Der Vorbeter hat alles gut im Griff und macht seine Sache sehr gut: Dem Ansagen der Lieder, dem Vorbeten etc.. Die Texte hatte ich mitgebracht. Durch den kalten Wind herausfordernd; er wehte immer die Seiten in der Mappe um.
Und dann - auf dem Weg schon wieder zurück in den Ort, kam der eine Satz bei der Litanei, der mich aufhorchen lies:
„Vor MITESSERN und Hunger“
- und alle antworten brav: „Verschone uns, o Herr.“
Mein erster Gedanke: Da ist bestimmt ein Druckfehler im Text. Und es lies mich nicht mehr los: „Von Mitessern…“ verschone uns…“
Vor der Kirche an der letzten Station und vor dem letzten Segen, habe ich mir die Mappe vom Vorbeter geben lassen und schnell mal nachgeschaut: und da stand
„von MISSERNTEN und Hunger“
- also kein Druckfehler, sondern nur verlesen. Das machte schon mehr Sinn.
Es lies mir keine Ruhe und ich stellte das dann klar; und an der Reaktion - alle mussten schmunzeln und lachen - merkte ich, dass das vielen aufgefallen ist.
Nun: Man kann Gott natürlich um vieles bitten, auch dass er uns vor Mitessern und Pickeln verschone; wir haben es getan: für manche zu spät; vielleicht bleiben andere zukünftig davon verschont.
Später kam mir, dass diese Bitte auch Sinn macht, wenn man mit Menschen an einem Tisch sitzt, die soviel essen, dass dann für einen selber nichts mehr übrigbleibt: Vor solchen „Mitessern“ darf Gott uns auch ruhig verschonen.
Gerd Greier, Pfarrer