Beschreibung

Wort zum Sonntag, 08.10.2023

 

Gott hat seinen Engeln befohlen

 

Für mich war es super in der Rhön aufzuwachsen. Ich habe als Kind sehr oft die Gegend rund um Bad Brückenau erkundet. Am Nachmittag ging es immer raus. Meistens mit Freunden, manchmal auch allein.

Manchmal bin ich auch mit meinem Vater unterwegs gewesen, zum Wandern etwa. Ohne Mama, ohne Geschwister. Nur wir zwei, das war immer ein Highlight für mich.

Ich erinnere mich an so ein Highlight ganz besonders gerne. Zu Beginn des Winters hatte es viel geschneit, und es war richtig kalt. Wir wanderten los mit dem Ziel Dreistelzhof, wo es dann was Warmes zu trinken geben sollte. Aber davor natürlich zum Turm, um möglichst weit sehen zu können. Denn es war ein klarer Tag, deshalb eben auch so kalt.

Allerdings kamen wir von unserer Wanderroute ab und haben uns im Winterwald ziemlich verlaufen. Es gab nämlich Wege, die waren komplett zugefroren, da kamen wir einfach nicht hoch. Wir mussten Umwege in Kauf nehmen und einmal meinte mein Vater mit großer Sicherheit: Wenn wir jetzt hier langgehen, dann ist das eine Abkürzung. Seitdem weigere ich mich mit ihm Abkürzungen zu gehen.

Am Ende waren wir gefühlte Stunden länger unterwegs. Vermutlich war es gar nicht so viel, als kleiner Junge hatte ich nicht so das Zeitgefühl. Mit Verspätung erreichten wir unser Ziel, hatten wirklich eine tolle Aussicht und nach einer Rutschpartie waren wir vom Dreistelzturm hinab irgendwann auch im Gasthaus angekommen und beide erschöpft, zugleich aber auch sehr zufrieden. Gut gelaunt.

Wir hatten überhaupt keine Chance den normalen Weg zu gehen, den vorgesehenen, geplanten Wanderweg, die kürzeste Strecke. Wir waren gezwungen Umwege zu nehmen. Und was wie eine Abkürzung wirkte, verlängerte den Weg.

Und trotzdem habe ich die Wanderung als herrlich in Erinnerung. Als wirkliches Highlight. Denn es gab keinen Moment, keinen Abschnitt des Weges, bei dem ich unsicher war. Ich konnte mich ganz und gar darauf verlassen, dass ich nicht allein bin. Ich konnte darauf vertrauen, dass mein Weg irgendwohin führt und dass ich begleitet bin.

In Psalm 91 heißt es: „Denn Gott hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen!“

Auf allen unseren Wegen wird Gott uns begleiten, so sagt er uns zu. Er hat seinen Engeln befohlen, dass wir nie, niemals allein gelassen werden. Bei leichten Passagen ist Gott mit seinen Engeln bei uns, genauso wie bei rutschigen Hängen, die wir kaum bewältigen können. Auf der geraden Strecke genauso wie auf Umwegen.

Wie die Engel den Befehl Gottes ausführen, das wissen wir nicht. Es kann sein wie bei mir und der Wanderung auf den Dreistelz. Auf diesem Weg war ich begleitet, mein Vater war da. Es können Geschwister oder Freunde sein. Ich glaube ja, dass Gott oft auf diese Weise in unserem Leben wirkt. Sicherlich können auch Fremde für uns Engel sein, genauso wie wir selbst für andere zu Engeln werden. Manchmal ist das vielleicht schwieriger zu sehen und zu spüren. Und doch bin ich sicher, dass sie da sind. Für uns und bei uns.

Wir haben viele Begleiter und Begleiterinnern im Laufe des Lebens. Eltern und Familie, Patinnen, Freunde und andere Weggefährten, und immer kann uns die Gewissheit tragen, dass auch Engel Gottes uns begleiten und uns behüten, auf allen unseren Wegen.

 

Niels Hönerlage,
Pfarrer von Weißenbach, Detter und Heiligkreuz